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Herberge heute

Datum:
14. Dez. 2024
Von:
Fixpunkt - Christopher Hoffmann
Christopher Hoffmann

Sie sind in einer emotionalen Achterbahnfahrt: Geflüchtete Menschen aus Syrien, auch bei uns im Kreis Neuwied. Da ist Freude, dass die Zeit eines Diktators vorbei ist. Hoffnung, die eigenen Eltern wiederzusehen, die viele seit über einem Jahrzehnt jeden Tag neu vermissen. Fassungslosigkeit über die grausamen Bilder aus syrischen Gefängnissen. Unsicherheit, ob in Syrien endlich wieder Menschenrechte und der Schutz von religiösen und ethnischen Minderheiten geachtet werden.

Und mitten in dieser Gemengelage ist da auch Enttäuschung: Dass nicht mal 48 Stunden nach dem Sturz Assads gefordert wird, dass sie zurückgehen sollen. Das hat auch bei uns im Kreis Menschen verletzt. Viele leben und arbeiten inzwischen gerne in Linz, Waldbreitbach oder Neuwied. Manche sind etwa so alt wie ich. Was sie in ihren bisher knapp vier Lebensjahrzehnten schon verkraften mussten, kann ich mir nicht ausmalen. Denn ich hatte schlicht das Glück, bei der Geburtslotterie eine friedliche Demokratie erwischt zu haben.

Als Christ feiere ich in zehn Tagen, dass Gott Mensch wird. Maria, Josef und das Jesuskind erleben die Geburt in einem Stall, "weil in der Herberge kein Platz für sie war" (Lk 2,7).

Weihnachten 2024 bedeutet für mich deshalb auch: Herberge schaffen.

Wie? Indem ich Parolen widerspreche, die versuchen auf Kosten der Schwächsten Wahlkampf zu machen. Und indem ich emotionale Herberge anbiete: Mit ehrlichem Interesse und Empathie für die Menschen hier vor Ort. Denn ich glaube: An Weihnachten hat sich Gott mit allen solidarisiert, die eine Herberge suchen.

Christopher Hoffmann, Pastoralreferent im Pastoralen Raum Neuwied