Susanne Schneider:Ostergedanken zur biblischen Erzählung vom leeren Grab
Und sie trauten ihren Ohren nicht ...
Aus dem Evangelium der Osternacht (Markusevangelium 16,1-8)
Als der Sabbat vorüber war, kauften Maria aus Magdala, Maria, die Mutter des Jakobus, und Salome wohlriechende Öle, um damit zum Grab zu gehen und Jesus zu salben. Am ersten Tag der Woche kamen sie in aller Frühe zum Grab, als eben die Sonne aufging. Sie sagten zueinander: Wer könnte uns den Stein vom Eingang des Grabes wegwälzen. Doch als sie hinblickten, sahen sie, dass der Stein schon weggewälzt war; er war sehr groß. Sie gingen in das Grab hinein und sahen auf der rechten Seite einen jungen Mann sitzen, der mit einem weißen Gewand bekleidet war; da erschraken sie sehr. Er aber sagte zu ihnen: Erschreckt nicht! Ihr sucht Jesus von Nazareth, den Gekreuzigten. Er ist auferstanden; er ist nicht hier. Seht, da ist die Stelle, wo man ihn hingelegt hatte. Nun aber geht und sagt seinen Jüngern, vor allem Petrus: Er geht euch voraus nach Galiläa; dort werdet ihr ihn sehen, wie er es euch gesagt hat. Da verließen sie das Grab und flohen; denn Schrecken und Entsetzen hatte sie gepackt. Und sie sagten niemand etwas davon; denn sie fürchteten sich. (Mk 16,1-8)
Liebe Mitmenschen,
was für die Männer zu gefährlich war, wagten die Frauen. In aller Frühe schlichen sie sich zum Grab Jesu. Sie wollten dem Toten zumindest die letzte Ehre erweisen und dann einen Schlussstrich unter die Sache ziehen.
Um so größer das Erstaunen, dass der Stein vor dem Grab weggewälzt war.
Hatte jemand das Grab geschändet oder hatten die Römer Jesu Leichnam irgendwo verscharrt, um damit jedem Ansatz von Erinnerungskult entgegen zu wirken?
Sollte dem Traum von der anbrechenden Herrschaft Gottes damit endgültig der Gar ausgemacht werden, damit die Menschen sich ein für alle Mal mit der Herrschaft des römischen Imperiums abfinden?
Und was wollte der junge Mann im weißen Gewand dort? Wer war er? Die Frauen bekommen Angst.
Vor allem aber trauen sie ihren Ohren nicht, als der junge Mann anfängt zu sprechen.
Jesus auferweckt von den Toten? Jesus lebendig? Der Tod hat nicht das letzte Wort über Jesus gesprochen?
Zunächst wagen sie nicht, diesen Worten zu glauben, geschweige denn davon zu erzählen. Sie wagen nicht daran zu glauben, dass nun doch Gottes Herrschaft herein gebrochen ist mitten in die kalte Welt von Tod und brutaler Vernichtung.
Aber sie hören und saugen die Botschaft auf: "Er geht Euch voraus nach Galiläa. Dort werdet ihr den Auferstandenen sehen."
Erst viel später werden sie den Sinn dieser Worte begreifen:
Wir können den Auferstandenen "sehen", wenn wir Seinen Weg gehen, wenn wir Ihm auf seinem Weg nachfolgen.
Und das meint: wenn wir heute fortführen, was ER begonnen hat. Z.B. demonstrieren gegen Rechts und für Demokratie. Z.B. aufmucken, wenn bei uns Flüchtlinge bedroht werden und rassistischer Hetze betrieben wird. Und einstehen dafür, dass alle Menschen als Geschwister zusammengehören und nicht die Zugehörigkeit zu Nationen bestimmen kann, wer leben darf und wer nicht.
Die Botschaft des leeren Grabes ist einfach. Jedes Menschenkind ist Gottes Kind. Und überall, wo wir – wie Jesus – Menschen aufrichten, Strukturen von Gewalt durchbrechen, Brot und Leben miteinander teilen, da ist der Auferstandene mitten unter uns und da geschieht schon Auferstehung mitten im Leben.
Nur wer diese Spur Gottes mitten im Leben entdeckt und wer dieser Spur des Lebens folgt, der wird auch glauben können, dass der Gott des Lebens Tote auferweckt und Sein Reich kommen wird – Sein Reich, wo es keinen Tod, keine Trauer und keine Klage mehr geben wird.
Susanne Schneider, Leitungsteam Pastoraler Raum